Czechia, country number 14 on our unplanned tour around Europe, is new to both of us. At the same time, it kind of feels like home already, with its various landscapes, colourful historic town centres, good cycling infrastructure, modern way of living and steep prices.
Tschechien, Land Nummer 14 auf unserer ungeplanten Europarundreise, ist für uns beide Neuland. Gleichzeitig fühlt es sich mit seiner abwechslungsreichen Landschaft, den bunten Altstädten, der guten Infrastruktur für Radlfahrer, der modernen Lebensweise und den stolzen Preisen schon fast an wie zu Hause.
Freitag, 30. Mai
Das Beste an diesem Grenzübergang, nach einem langen Anstieg im Regen, ist ein großzügiges Buswartehäuschen, in dem wir uns komplett umziehen, Brotzeit machen und unseren neuen Kameraden, den Kochlöffel mit Gesicht, näher kennenlernen.
The best thing about this border crossing, after a long ascent in the rain, is a large bus shelter in which we get changed, have a picnic and get to know our new companion, the wooden spoon with the face.
Der schaut von der tschechischen Seite durchs Fenster und meldet: "Wetterlage stabil". Oh Mann, langsam reicht's uns davon!
He looks into the window from the Czech side and announces: "Stable weather conditions". Oh man, we've got enough of that by now!
Ein paar Kilometer nach der spritzigen Talfahrt folgen wir dem Wegweiser zu einem Campingplatz, wo wir uns ausnahmsweise so eine Hütte gönnen. Es besteht zwar keine Hoffnung, unser Zeug auf der überdachten Terrasse trocknen zu können, aber zumindest müffelt es dann nicht in den Taschen vor sich hin.
A few kilometres after the splashy downhill ride, we follow the sign pointing to a campground where we treat ourselves to one of these cabins as an exception. There is no hope for drying our stuff on the roofed patio, but at least it won't keep rotting in the bags for once.
In der gut ausgestatteten Küche verliebt sich unser Kochlöffel Griff über Kopf in seinen älteren Kollegen und überlegt sogar, bei ihm einzuziehen.
In the well equipped kitchen, our cooking spoon falls head over handle in love with his older colleague, and even considers moving in with him.
Gefahrene Strecke: 33,66 km
Anstieg: 350 m
Durchschnittstemperatur: 12 Grad
Nachtlager: Hütte aufm Campingplatz bei Horní Bečva
Samstag, 31. Mai
Sonne! Sofort alles aufhängen und auslüften!
Sunshine! Hang up everything immediately to air it out!
Die heutige Strecke verläuft wunderschön am Fluss Rožnovská Bečva entlang und ist durchgehend ausgeschildert. Gleich in der Früh treffen wir auf eine etwa 15-köpfige Rennradlergruppe, die uns auf die gelben Fahrradwegweiser aufmerksam macht, denn von alleine hätten wir sie möglicherweise nicht erkannt.
Today's route leads us down the beautiful Rožnovská Bečva river, and it's signposted all the way. First thing in the morning, we bump into about 15 road cyclists who bring the yellow bike signs to our attention which we probably wouldn't have noticed otherwise.
Wir folgen der Route 50 und sind praktisch immer in Gesellschaft von Gleichgesinnten: Rentnergruppen, Familien, Tourenradler, Rennfahrer, Hundegassiführer, Wanderer, Jogger, Inlineskater, Rollstuhlfahrer, Kinderwagen - es wimmelt vor Ausflüglern und Frischluftfans, richtig schön!
We follow the route 50 and find ourselves practically constantly surrounded by likeminded folk: retirees in groups, families, touring cyclists, racers, dog walkers, hikers, joggers, skaters, wheelchair riders, prams - the place is alive with outdoor athletes and nature lovers, so cool!
Alle paar Kilometer parken zig Fahrräder vor den Biergärten, die sich am Radlweg postiert haben. Das haben wir wirklich vermisst.
Every few kilometres, numerous bicycles are parked outside the beergardens which line the bike path. We really missed that!
Wir kommen so gut voran, dass wir es bis nach Olomouc schaffen. Eine sehenswerte Stadt in Mähren, die wir morgen erkunden möchten. Jetzt aber flüchten wir so schnell es geht unter das Vordach des Klo- und Duschhauses, denn gleich bricht ein gewaltiges Gewitter über uns herein. Den restlichen Abend verbringen wir bei Bier und Livemusik im Bierzelt des Campingplatzes, bevor wir unser Zelt aufbauen.
We make such good progress that we reach Olomouc today. A nice city we'd like to explore tomorrow. Now, we flee under the awning of the toilet- and shower house as fast as we can, because a massive thunder shower is about to hit us. The rest of the evening is spent with beer and live music in the campground's beer tent before we set up our tent.
Gefahrene Strecke: 104,22 km
Durchschnitt: 18,25 km/h
Nachtlager: Campingplatz in Olomouc
Sonntag, 1. Juni
Heute bleiben wir sicherheitshalber am Campingplatz, weil eine extreme Unwetterwarnung für die Gegend ausgesprochen wurde. Am Morgen packen wir alles ein und bauen sogar das Zelt ab, und wollen dann Richtung Stadt aufbrechen. Da kommt Juri mit seinem 8-jährigen Sohn herüber, der sich für unsere Räder interessiert, und lädt uns auf ein Bier ein. Aus dem einen Bier wird ein ganzer Nachmittag voller guter Insidertipps für die Stadt Olomouc, gefolgt von einem Abend mit noch mehr Bier, dafür ohne Gewitter. Und ohne Stadtbesichtigung.
Today, we stay at the campground as a precaution because there is an extreme weather warning for the whole area. We pack up all our gear in the morning, and even take the tent down before setting out to walk around downtown. That's when Juri and his 8-year old son visit us because they are curious about our bikes, and they invite us for a beer. One beer turns into a whole afternoon of priceless insider tips for Olomouc, followed by an evening with more beer, but without any storm. And without visiting the city.
Als es für den Nachwuchs Zeit wird, radelt die junge Familie nach Hause. Für einen Stadtspaziergang ist es jetzt zu spät, also gehen Dave und ich nur schnell zum Supermarkt und besorgen uns eine Brotzeit und Frühstück für morgen. Kurz nachdem wir wieder am Campingplatz sind und das Zelt aufbauen, taucht Juri nochmal auf - diesmal mit einer Flasche Slibowitz und drei Gläsern im Rucksack. Er bringt uns die traditionelle mährische Art, diesen zu trinken bei: tief ausatmen, Schluck nehmen, erneut ausatmen. Wow!
When it's time for the offspring, the young family cycles home. It's too late now for a walk through town, so Dave and I just quickly go to the supermarket to buy some snacks and breakfast for tomorrow. Shortly after returning to the campground and setting up our tent, Juri shows up again - this time with a bottle of Slivovitz and three shot glasses in his backpack. He teaches us the traditional Morovian way to drink it: exhale deeply, take a sip, exhale again. Wow!
Als wir wieder alleine sind, kommt unsere Nachbarin aus Finnland rüber und bedankt sich bei Dave für die schöne Musik am Vormittag. 2025 wird ja finanziell doch erfolgreicher als gedacht!
When we are alone again, our neighbour from Finland comes over and thanks Dave for his beautiful music in the morning. Looks like 2025 is going to be financially more successful than planned after all!
Montag, 2. Juni
Bei schönstem Wetter und in bester Stimmung brechen wir auf und fahren auf vorbildlich geplanten Fahrradstrecken Richtung Westen, meistens durch kleine Dörfer, Felder und Wälder. In Litovel machen wir auf dem historischen Stadtplatz Kaffeepause, dann ziehen langsam immer mehr Wolken auf.
In the nicest weather and in the best mood, we leave and ride on exemplary bike routes heading west, mostly through small villages, farm fields and forests. In Litovel, we take a coffee break at the historic town square, and then more and more clouds move in.
Schade, dass ich da nicht früher draufgekommen bin: Die Kinder auf diesen Schildern schauen in jedem Land anders aus, und Dave und ich erfinden immer Geschichten dazu. Das wäre eine lustige Sammlung geworden auf dieser Reise!
Too bad I didn't come up with that any earlier: The children on these signs look different in every country, and Dave and I always invent stories about them. That would have become a fun collection on this journey!
Meine Sternsingerkollegen sind wohl auch in Tschechien aktiv.
Seems like my carolling colleagues have been around Czechia as well.
Mal wieder ein steiler Anstieg, das freut die Mücken in der schwülen Luft.
Another steep climb gives reason for the mosquitoes to rejoice in this muggy air.
Zack! Von einer Minute auf die andere sind wir klitschnass, als ein Wolkenbruch uns erwischt und wir weit und breit keinen Unterstand finden. Klugerweise habe ich mir heute früh noch großzügig Sonnencreme ins Gesicht geschmiert, die mir der Regen jetzt in die Augen spült, so dass ich kaum was sehe und nur unter brennenden Schmerzen weiterfahren kann. Wir pfeifen auf den idyllischen Radlweg und nehmen die Nationalstraße bis zur nächsten Stadt, in der wir uns zunächst um unseren Hunger kümmern, während draußen auf den Rädern unsere Klamotten abtropfen, und dann in ein Hotel ziehen.
Bang! From one minute to the next, we're drenched when a cloud bursts right above us and we cannot find shelter anywhere. I wisely put on a generous layer of sunscreen lotion on my face this morning, which is washed into my eyes by the rain now, so that I hardly see anything and can only ride on with burning pain. We give a damn about the idyllic cycling path and take the National road to the nearest town where we take care of our growling tummies first while outside, our clothes are dripping off on the bikes. Later, we move into a hotel.
Über Nacht führen wir eine mittelgroße Vergleichsstudie durch, ob unser Zeug in dem kleinen, nicht beheizten Bad ohne Lüftung, aber mit Ventilator schneller trocknet...
During the night, we conduct a medium sized comparative study to find out if our stuff dries faster in the tiny bathroom without ventilation, but with the fan running...
... oder im geöffneten Fenster bei Nieselregen. Ergebnis: Nasse Kleidung anziehen und damit ins Bett gehen ist am ekelhaftesten, aber am effektivsten. Iiihh!
... or in the open window with drizzling rain outside. Result: Wearing wet clothes in bed is the nastiest but most efficient way. Yuck!
Gefahrene Strecke: 62,52 km
Anstieg: 478 km
Durchschnitt: 14,98 km/h
Nachtlager: Hotel in Moravská Třebová
Dienstag, 3. Juni
Geschafft! Der Tag startet mit ein paar steilen Serpentinen über einen Bergkamm, aber wieder total schön.
Done! The day starts with a few steep switchbacks across a ridge, but very beautiful again.
Sogar mitten im Wald sind die Radlwege ausgeschildert, das ist schon sensationell.
Bike routes are signposted even in the middle of the forest, how fantastic is that?
Bei der Abfahrt zwickt auf einmal Daves Hinterradbremse, die muss sofort repariert werden.
Riding downhill, suddenly Dave's back brake locks up and has to be repaired right away.
Heute ist der erste warme Tag mit über 30 Grad seit langem, und sogar am Abend kann man es noch im T-Shirt aushalten. Was für eine Wohltat!
It's the first warm day with over 30 degrees in a long time, and even in the evening, we can still sit around in a T-shirt. What a bliss!
An diesem See finden wir einen alten Campingplatz, aber kein Mensch ist da. Toilette und Dusche sind dementsprechend zu, aber der Wirt des Kiosks lässt uns sein Bad benutzen.
We find an old campground at this lake, but there's nobody around. Which means that toilet and shower are closed, but the owner of the restaurant offers us to use his bathroom.
Gefahrene Strecke: 87,78 km
Anstieg: 748 m
Höchstgeschwindigkeit: 61,13 km/h
Durchschnitt: 16,12 km/h
Nachtlager: Campingplatz am Hlubokÿ See
Mittwoch, 4. Juni
Morgenstimmung am See.Quiet morning at the lake.
Auffällig große Burg auf der einzigen Erhöhung weit und breit. Im Vordergrund wachsen abwechselnd Sonnenblumen, Erdbeeren oder Schlafmohn.
Extralarge castle on top of the only elevation in this area. In the foreground, there are fields with sunflowers, strawberries and poppies.
Punkt Mittag erreichen wir Pardubice, eine supercoole Stadt an der Elbe.At 12 o'clock sharp, we arrive in the supercool town Pardubice at the Elbe river.
Pestsäule mit Marienstatue oben drauf, im Hintergrund der Turm des grünen Stadttores.
Der Stadtplatz mit seinen bunten Renaissance- und Barockhäusern haut uns total vom Sattel, so schön ist der angelegt.
The town square with its colourful buildings from the renaissance and baroque era just knocks us off the saddle with its beauty.
Pestsäule mit Marienstatue oben drauf, im Hintergrund der Turm des grünen Stadttores.
Plague column with St. Mary's statue on top, and the tower of the green city gate in the background.
Beflaggung am Rathaus.
Beflaggung am Rathaus.
Flags on the city hall.
Die Fenster am ganzen Platz sind eine Schau, aber die der Bibliothek beeindrucken uns am meisten.
We are fascinated by the windows on the whole square, but the library's are the most impressive.
Was aus der Entfernung wie gemalt aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Relief.
What looks like painted on from a distance turns out to be a relief when you look more closely.
Erst müssen wir die Gebäude alle bestaunen, dann machen wir Mittagspause und lernen ein Paar aus der Schweiz kennen, das kurz nach uns mit zwei schwer bepackten Fahrrädern auf den Platz rollt.
First, we have to admire all the buildings before taking our lunch break. We also get to know a cycling couple from Switzerland who ride onto the plaza with their heavily loaded bikes shortly after us.
Ab hier fahren wir ein Stückchen an der Elbe entlang, die in Tschechien Labe heißt.
From here on, we ride along the Elbe river for a while - but in Czechia, it's called Labe.
Kurz vor Feierabend springt Dave noch in diesen Badesee. Ich hätte auch Lust, aber da fällt mir ein, dass ich seit der Türkei ja keinen Bikini mehr habe...
Just before we are done for the day, Dave jumps into this swimming lake. I would love to join him but then remember that I haven't got a bikini since Turkey...
Legozimmer Nummer 2: Heute Abend sind wir bei einer Warmshowers-Familie zu Gast. Obwohl es auch einen tollen Garten zum Zelten gäbe, entscheiden wir uns für eine Übernachtung im Spielzimmer der beiden Kinder - und das ist auch gut so, denn in der Nacht kommt endlich das heftige Gewitter mit Hagel und Sturm, vor dem seit Tagen gewarnt wird.
Lego room number 2: Tonight, we stay at a Warmshower family's house. Although they also have an awesome garden to camp in, we decide to sleep in the children's playroom - and that's a good thing because finally tonight, the heavy thunder storm with hail comes down which we've been warned about for days now.
Schreibschriftplakat auf Tschechisch im Klo.
Handwriting poster in Czech on the toilet door.
Jana und Radek verwöhnen uns mit einem Abendessen, frischer Wäsche und guter Unterhaltung bis weit nach unserer üblichen Bettgehzeit. Und natürlich lässt sich die junge Familie die Chance auf ein Privatkonzert im Wohnzimmer nicht entgehen, dafür dürfen sogar die zwei Jungs nach dem Zähneputzen nochmal runterkommen...
Jana and Radek treat us to a nice dinner, fresh laundry and an interesting chat until way past our usual bedtime. And of course the young family won't miss out on the exclusive living-room concert for which even the two boys are allowed to come back downstairs after brushing their teeth...
Gefahrene Strecke: 38,93 km
Durchschnitt: 16,11 km/h
Nachtlager: bei Jana und Radek in Břehy (Warmshowers)
Donnerstag, 5. Juni
Die Gegend rund um Pardubice ist weltbekannt für seine riesigen Gestüte und das älteste und schwierigste Crosscountry-Pferderennen Europas, die Velká Pardubická. Wir sehen hauptsächlich leere Koppeln.The region around Pardubice is world-renowned for its enormous stud farms and Europe's oldest and hardest crosscountry horse race, the Velká Pardubická. We mostly see empty pastures.
Sattel nachziehen nach dem vielen Regen, denn das Leder leiert ganz schön aus.
Sattel nachziehen nach dem vielen Regen, denn das Leder leiert ganz schön aus.
Tightening the saddle after all the rain, because the leather becomes quite lose.
Abschied von der Elbe in Kolín.
Abschied von der Elbe in Kolín.
Farewell to the Elbe river in Kolín.
Zum Mittagessen gibt's ein regionales Schmankerl: Knedlíky mit Rindfleisch und Sahnesoße. Die Bedienung kann überhaupt nicht glauben, dass ich diese Knödel von daheim kenne, obwohl meine Mama keine böhmischen Wurzeln hat.
Zum Mittagessen gibt's ein regionales Schmankerl: Knedlíky mit Rindfleisch und Sahnesoße. Die Bedienung kann überhaupt nicht glauben, dass ich diese Knödel von daheim kenne, obwohl meine Mama keine böhmischen Wurzeln hat.
For lunch, we try a local specialty: Knedlíky with beef and a creamy sauce. Our waitress cannot believe I know these exact dumplings from home even though my Mom doesn't have any ancestors in Bohemia.
Und noch so eine Spezialität: Kofola, die tschech(oslowak)ische Variante von Spezi oder Cola, schmeckt recht würzig und weniger süß als andere Limonaden. Normalerweise trinken wir kaum noch so Zuckerzeug, aber dieses Kultgetränk mussten wir natürlich probieren.
Und noch so eine Spezialität: Kofola, die tschech(oslowak)ische Variante von Spezi oder Cola, schmeckt recht würzig und weniger süß als andere Limonaden. Normalerweise trinken wir kaum noch so Zuckerzeug, aber dieses Kultgetränk mussten wir natürlich probieren.
And another specialty: Kofola, the Czech(oslovak)ian version of coke, has got this herbal sharpness to its taste and is way less sweet than other lemonades. We usually don't drink any of those sugarbombs anymore, but of course we had to give this cult drink a try.
Schneller als gedacht erreichen wir Prag, oder zumindest einen Campingplatz mit S-Bahnanbindung in die Stadt. Gleich nach uns kommen noch zwei Tourenradler aus den Niederlanden mit ihrer Hündin Gaia auf die Zeltwiese, und wir verbringen einen sehr geselligen Abend mit Stöckchenwerfen.
Schneller als gedacht erreichen wir Prag, oder zumindest einen Campingplatz mit S-Bahnanbindung in die Stadt. Gleich nach uns kommen noch zwei Tourenradler aus den Niederlanden mit ihrer Hündin Gaia auf die Zeltwiese, und wir verbringen einen sehr geselligen Abend mit Stöckchenwerfen.
Earlier than expected, we arrive in Prague, or at least at a campground with a metro connection into the city. A Dutch couple and their dog Gaia arrive at the tenting area right after us with their touring bikes and trailer, and we spend a very convivial evening throwing sticks and pine cones.
Auf dem Boden davor ist eine Markierung im Pflaster, wo am 21. Juni 1621 eine öffentliche Hinrichtung böhmischer Ständeanführer gegen die Habsburger stattgefunden hat.
Ständetheater von 1783, in dem sowohl die Oper Don Giovanni als auch La Clemenza di Tito uraufgeführt wurden - und zwar von Wolfgang Amedeus Mozart höchstpersönlich.
Wäre interessant zu wissen, woran der Gedenkbaum erinnert. Dank seinem mächtigen Stamm sieht man unser Zelt von der Straße aus fast nicht.
Seine Hinterradbremse funktioniert nicht mehr. Er baut sie komplett auseinander und findet eine total verbogene Metallfeder, die er auswechselt.
Während ich warte, bemerke ich den eigenartigen Schatten, den meine Brille wirft. Bei einem kurz- und einem weitsichtigen Auge irgendwie logisch, aber das ist mir noch nie aufgefallen.
Erster Blick auf Pilsen.
Am Ortseingang könnten wir gleich mehrere weltbekannte Brauereien besichtigen, aber das würde wahrscheinlich unsere Weiterfahrt gefährden!
Eines der Firmengelände ist mit überdimensionalen Kopien der historischen Flaschenetiketten eingerahmt, die es auf Deutsch, Englisch und Tschechisch gab.
Stadtplatz von Pilsen.
Hier teilen wir uns ein "richtiges" Pilsner Urquell und ein alkoholfreies Radler.
Weiter geht's!
Dieser Aussichtsturm bei Zemětice schaut historisch aus, ist aber erst ein paar Jahre alt. Ein paar befreundete Männer aus dem Dorf haben ihn 2015 selber gebaut, als kleine Attraktion und um Gästen die Geschichte der Region näherzubringen.
Im oberen Stockwerk ist eine Fotoausstellung, außenrum führt ein Aussichtsbalkon, von dem aus wir die Landschaft ringsum bewundern...
... und den Sonnenuntergang beobachten.
Die wollte ich schon in der Slowakei fotografieren, aber da waren sie immer an einem steilen Hang entlang: Tassen in allen Formen und Farben, die in ländlichen Gebieten auf den Gartenzäunen stecken. Soll Glück und Wohlstand bringen, soweit wir das verstanden haben. Und sieht irgendwie auch witzig aus.
Mittagspause in Domažlice. Der langgestreckte Marktplatz ist denkmalgeschützt.
Von dem ungewöhnlichen und schiefen Kirchturm aus könnten wir an so einem klaren Tag bis nach Cham schauen, wenn wir noch Lust auf Treppensteigen hätten. Oder wir radeln einfach hin...
Spinnt jetzt unser Navi, oder was?
Der Bayrische Wald "von hinten": An den vielen Antennen auf den Bergen erkennt man schon, dass die Grenze nicht mehr weit sein kann. Ansonsten schaut es hier genauso aus wie daheim.
Das Mahnmal neben dem Radlweg zeigt den Eisernen Vorhang, der sich in der Mitte öffnet.
Schon wieder so ein unspektakulärer Grenzübergang ohne Schikane, so lieben wir das!
So schnell hatten wir voriges Jahr gar nicht vor, wieder in Deutschland zu sein. Aber wir bereuen unsere unverhoffte Europareise kein bisschen. Im Gegenteil: Wir können gar nicht genug schätzen, was wir hier für einen Luxus haben - saubere Umgebung, Frieden, Wohlstand, funktionierende Infrastruktur. Sollte man sich vielleicht öfter mal vor Augen führen.
Zeltkonzert mit Blick auf den Chamb zur Feier des Tages. Immerhin können wir uns hier wieder barrierefrei verständigen, also theoretisch. Praktisch wird es wohl noch eine Weile dauern, bis wir uns abgewöhnt haben, jede Unterhaltung mit "Do you speak English?" einzuleiten...
Gefahrene Strecke: 82 km
Durchschnitt: 16,53 km/h
Nachtlager: Campingplatz am Rokytka See bei Prag
Freitag, 6. Juni
Das Pfingstwochenende steht an, und damit die Vollbelegung des Campingplatzes. Angeblich. Noch vor dem Frühstück kommt eine hektische Rezeptionistin auf die Zeltwiese und erklärt uns, dass wir die beiden Zelte verpflanzen müssen, weil der Platz reserviert ist. Außerdem müssen wir uns eine Parzelle teilen und zählen offiziell als Familie. Na gut. Wir sehen zwar keine Parzellen, aber räumen alles raus, tragen die Zelte zu viert ein paar Meter weiter und räumen wieder alles rein. Spoiler: Kein Mensch betritt die Zeltwiese, so lange wir da sind.
It's he Pentecost weekend, which means the campground is fully booked. Allegedly. Already before breakfast, a hectic receptionist stomps into the tenting corner and explains to us that we have to move both tents because the area is reserved. Besides, we have to share one plot and officially count as a family now. Alright. We may not see any plots but empty out our tents, carry them a few metres over between the four of us and put our belongings back inside. Spoiler: Not a single soul enters the field as long as we are here.
Zusammen mit unserer neu gegründeten Campingfamilie nehmen wir die S-Bahn in die Altstadt, wo wir uns trennen, um Prag jeweils auf eigene Faust bzw. Pfote zu erkunden:
Together with our newly founded camping family, we take the metro downtown where we split up and explore Prague off our own bat:
Das erste Wahrzeichen der Stadt, über das wir stolpern, ist der Pulverturm aus dem 15. Jahrhundert.The first landmark of the city we stumble upon is the powder tower from the 15th century.
Gleich daneben das Obecní Duuum (wörtlich "Gemeindehaus"), ein Jugendstilgebäude für Konzerte, Ausstellungen usw. Wir sind schockverliebt!
Gleich daneben das Obecní Duuum (wörtlich "Gemeindehaus"), ein Jugendstilgebäude für Konzerte, Ausstellungen usw. Wir sind schockverliebt!
Right next to it, the Obecní Duum (literally "community house"), an art nouveau building for concerts, exhibitions and so on. We are in love instantly!
Alle Wege führen zum Altstadtplatz: wunderschöne Fassaden, historische Denkmäler, massenhaft Touristen.
All roads lead to the old town square: beautiful façades, historic monuments, hordes of tourists.
Wir stehen einfach nur rum und schauen. Was für eine geile Stadt!We just stand there, gawking. What an awesome city!
Wenn der Schatten der Mariensäule auf den Meridian von 1652 fällt, ist Mittag. Bloß heute gibt es nicht so arg viel Schatten.
Wenn der Schatten der Mariensäule auf den Meridian von 1652 fällt, ist Mittag. Bloß heute gibt es nicht so arg viel Schatten.
When the shadow of St. Mary's column falls on the meridian from 1652, it's noon. Only there's not so much shadow today.
Kirche der Jungfrau Maria vor dem Teyn, benannt nach dem Teynhof dahinter, einem historischen Handelshof. Erbaut ab 1360 und lustigerweise nur über den Hof eines italienischen Restaurants zugänglich (das abgeschnittene Gebäude vorne links).
Kirche der Jungfrau Maria vor dem Teyn, benannt nach dem Teynhof dahinter, einem historischen Handelshof. Erbaut ab 1360 und lustigerweise nur über den Hof eines italienischen Restaurants zugänglich (das abgeschnittene Gebäude vorne links).
Church of Our Lady before Týn, named after the Týn Courtyard behind it, a historic trading place. Built from 1360 and as a fun fact, accessible only through the premises of an Italian restaurant (the cut-off building on the bottom left).
Kurz vor jeder vollen Stunde strömt alles zum Rathaus, wo sich gleich ein paar hölzerne Figuren drehen werden: die Apostel, ein goldener Hahn, die Todsünden und der Sensenmann.
Kurz vor jeder vollen Stunde strömt alles zum Rathaus, wo sich gleich ein paar hölzerne Figuren drehen werden: die Apostel, ein goldener Hahn, die Todsünden und der Sensenmann.
Just before every full hour, everybody flocks to the city hall to watch some wooden figures turn about each other: the Apostles, a golden rooster, the deadly sins and the Grim Reaper.
Rathausturm mit der astronomischen Uhr von 1410, die zwar mit vielen unglaublichen Details beeindruckt, aber entsetzlich langweilig zum Beobachten ist. Eine Uhr halt. Da hilft auch das Figurenspiel nicht weiter. Einer großen Umfrage zufolge ist es die zweitenttäuschendste Touristenattraktion Europas nach der Mona Lisa.
Rathausturm mit der astronomischen Uhr von 1410, die zwar mit vielen unglaublichen Details beeindruckt, aber entsetzlich langweilig zum Beobachten ist. Eine Uhr halt. Da hilft auch das Figurenspiel nicht weiter. Einer großen Umfrage zufolge ist es die zweitenttäuschendste Touristenattraktion Europas nach der Mona Lisa.
Tower of the old town hall with the astronomical clock from 1410 which may impress with numerous incredible details but still is terribly boring to watch. A clock after all. Even the play of the wooden figures doesn't change that. According to a big survey, it's Europe's second most disappointing tourist attraction after the Mona Lisa.
Bei unserem weiteren Spaziergang landen wir zufällig in der wohl einzigen Kirche Prags, in die man ohne Eintritt zu bezahlen reindarf. Wie sie heißt, ist uns jetzt entfallen, aber es ist schön ruhig hier drinnen.
Bei unserem weiteren Spaziergang landen wir zufällig in der wohl einzigen Kirche Prags, in die man ohne Eintritt zu bezahlen reindarf. Wie sie heißt, ist uns jetzt entfallen, aber es ist schön ruhig hier drinnen.
Strolling around aimlessly as we do, we happen to end up in Prague's presumably only church you get to visit without paying an entrance fee. We don't know its name anymore but it's nice and quiet in here.
Deckengemälde.
Deckengemälde.
Painted ceiling.
Der Fluss Vltava, besser bekannt als die Moldau, der Veitsdom auf der Prager Burg im Hintergrund, weiter rechts die Karlsbrücke und das schicke Gebäude der Prager Wasserwerke, ...
Der Fluss Vltava, besser bekannt als die Moldau, der Veitsdom auf der Prager Burg im Hintergrund, weiter rechts die Karlsbrücke und das schicke Gebäude der Prager Wasserwerke, ...
Vltava river, St. Vitus Cathedral on Prague's castle in the background, further to the right famous Charles bridge and the stylish building of the Prague waterworks ...
... das seit 1936 das Smetana-Museum beherbergt.
... das seit 1936 das Smetana-Museum beherbergt.
... which has been housing the Smetana museum since 1936.
Gleich dahinter, also am östlichen Ende der Karlsbrücke, steht der Altstädter Brückenturm aus dem 14. Jahrhundert. Auch hier herrscht ein Gewusel, wie wir es seit Istanbul nicht mehr erlebt haben. Haben diese Leute alle nix Besseres zu tun?
Gleich dahinter, also am östlichen Ende der Karlsbrücke, steht der Altstädter Brückenturm aus dem 14. Jahrhundert. Auch hier herrscht ein Gewusel, wie wir es seit Istanbul nicht mehr erlebt haben. Haben diese Leute alle nix Besseres zu tun?
Right behind it, at the eastern end of Charles bridge, the old town bridge tower from the 14th century is located. Again, there is a hustling and bustling going on that we haven't experienced since Istanbul. Don't those people have anything important to do?
All sorts of angels and saints have been protecting Charles bridge since 1629. Before that, it was plain.
Sogar eine Brückenband gibt es, die jeden Tag hier aufspielt. Da seit der Renovierung in den 60er- und 70er Jahren keine Fahrzeuge mehr auf die Brücke dürfen, kann man gefahrlos stehenbleiben und zuhören. Oder tanzen.
Sogar eine Brückenband gibt es, die jeden Tag hier aufspielt. Da seit der Renovierung in den 60er- und 70er Jahren keine Fahrzeuge mehr auf die Brücke dürfen, kann man gefahrlos stehenbleiben und zuhören. Oder tanzen.
There's even a bridge band who perform here every day. Since the renovation in the 60s and 70s, no more vehicles are allowed on the bridge. So now you can stop anywhere safely and listen. Or dance.
Am anderen Ufer sind mindestens genauso viele Besucher unterwegs. Krass!
Am anderen Ufer sind mindestens genauso viele Besucher unterwegs. Krass!
At the other riverbank, there are at least as many tourists. Crazy!
Kurz vor der täglichen Abkühlung von oben ergattern wir einen Tisch in einem Café, wo wir die nächste Stunde ausharren, bevor wir unsere Exkursion fortsetzen können.
Kurz vor der täglichen Abkühlung von oben ergattern wir einen Tisch in einem Café, wo wir die nächste Stunde ausharren, bevor wir unsere Exkursion fortsetzen können.
Shortly before the daily cooling down from up above, we snatch a table in a café where we sit out the rain for the next hour, before continuing our excursion.
Blick vom Burgberg Richtung Osten: Prag ist ein farbenfrohes Häusermeer mit unzähligen Türmchen, die daraus hervorragen.
Blick vom Burgberg Richtung Osten: Prag ist ein farbenfrohes Häusermeer mit unzähligen Türmchen, die daraus hervorragen.
View from the castle hill towards east: Prague is a colourful sea of houses with countless towers peeping out from them.
Mein Lieblingsbild.
Mein Lieblingsbild.
Dave's favourite picture.
Die größte geschlossene Burganlage der Welt, hier der Neue Königspalast mit dem Westtor zum ersten Burghof, gefolgt vom Matthiastor (grau), das in den zweiten Burghof führt. Seit der Gründung der Republik befindet sich hier der Amtssitz des Präsidenten. Die Burgwache wird von den kämpfenden Titanen aus Sandstein unterstützt.
Pestsäule der Jungfrau Maria auf dem Burgplatz.
Mitten in der Burg steht der Veitsdom, oder genauer: Dom St. Veit, Wenzel und Adalbert.
Auf der Ostseite geht es etwas weniger rabiat zu, und man kann weit genug rückwärts gehen, um das gesamte Gebäude abzulichten. Was für ein Kunstwerk!
Rückmarsch zur Stadt hinunter.
Dem begegnet man in Prag alle paarhundert Meter: Franz Kafka, hier als sich drehende Stahlskulptur.
Fürs Abendessen kaufen wir heute einmal Salat, eine absolute Neuheit! Mit gebratenen Hähnchenstreifen, Tomaten, Parmesan und selbstgemachten Croutons wird daraus ein richtiges Festmahl. Sagt sogar der Dave.
Später probieren wir noch die öffentlichen Verkehrsmittel von der Insel bis in die Altstadt aus, gehen in einem Supermarkt für normale Leute einkaufen und beobachten Touristen.
Natürlich bleiben wir auch heute nicht ganz vom Regen verschont, dafür haben wir aber einen schönen Regenbogen, als wir mit der Fähre zurück zum Campingplatz fahren.
Die größte geschlossene Burganlage der Welt, hier der Neue Königspalast mit dem Westtor zum ersten Burghof, gefolgt vom Matthiastor (grau), das in den zweiten Burghof führt. Seit der Gründung der Republik befindet sich hier der Amtssitz des Präsidenten. Die Burgwache wird von den kämpfenden Titanen aus Sandstein unterstützt.
Palais Schwarzenberg, die Stadtresidenz der Familie Lobkowitz aus dem 16. Jahrhundert. Man gönnt sich ja sonst nichts...
Der Fassadenschmuck ist nicht aufgemalt, sondern eingraviert! Sgraffiti nennt sich diese Technik, und wenn man genau hinschaut, erkennt man die winzigen Abweichungen der einzelnen Pseudo-Diamantquader voneinander.Mitten in der Burg steht der Veitsdom, oder genauer: Dom St. Veit, Wenzel und Adalbert.
Wir stehen dicht gedrängt mit hunderten anderen Touristen im dritten Burghof, direkt vor dem Westportal des Doms. Ohne meine jahrelange Schulbuserfahrung hätte ich wohl keine Chance auf ein symmetrisches Bild...
Auf der Ostseite geht es etwas weniger rabiat zu, und man kann weit genug rückwärts gehen, um das gesamte Gebäude abzulichten. Was für ein Kunstwerk!
Rückmarsch zur Stadt hinunter.
Dem begegnet man in Prag alle paarhundert Meter: Franz Kafka, hier als sich drehende Stahlskulptur.
Nach unserem ersten planlosen Kennenlernspaziergang sind wir völlig k.o., aber richtig begeistert von der Stadt Prag und der Tatsache, dass wir am Ende dieser langen Reiseetappe noch so einen Höhepunkt eingebaut haben.
Samstag, 7. Juni
Es soll den ganzen Tag regnen, drum verbringen wir die meiste Zeit im Zelt: ausschlafen, Musik spielen, Fotos bearbeiten, ratschen...
Ab dem Vormittag herrscht zwischen den Pfützen auf dem Campingplatz dichtes Gedränge, weil heute eine Oldtimerausstellung stattfindet. Jetzt kapieren wir auch, dass der historische Wohnwagen samt Urzeitzugfahrzeug, den wir gestern bestaunt haben, nicht einfach nur zum Übernachten hier ist.Fürs Abendessen kaufen wir heute einmal Salat, eine absolute Neuheit! Mit gebratenen Hähnchenstreifen, Tomaten, Parmesan und selbstgemachten Croutons wird daraus ein richtiges Festmahl. Sagt sogar der Dave.
Pfingstsonntag, 8. Juni
Mit einer ausgedehnten Runde Stöckchenwerfen verabschieden wir uns von Gaia und unseren holländischen "Camping-Verwandten", dann ziehen wir um auf einen Campingplatz mitten in Prag, auf einer Moldauinsel. Richtig idyllisch und ruhig, würde man denken. Wir schaffen es knapp bis unters Dach der Rezeption, bevor über uns mal wieder der Himmel aufklappt und innerhalb weniger Minuten alles ausschüttet, was oben ist. Nach dem Zeltaufbau fahren wir mit den leeren Rädern nochmal los auf der Suche nach etwas Essbarem. Dabei bemerken wir, dass sich neben unserem Campingplatz auch ein Golfplatz auf der Insel befindet. Nicht daran, dass besonders fleißig gegolft wird, nein. Sondern weil wir auf den letzten paarhundert Metern der schmalen, holprigen Kiesstraße Richtung Festland plötzlich einer Teslafahrerin im Weg sind, die viel zu dicht auffährt und wiederholt zum Überholen ansetzt, obwohl dank der vielen Pfützen einfach kein Platz ist. Irgendwann fängt sie an zu hupen, und zwar laaang und deutlich. Also fahren wir jetzt mitten auf der Straße, denn es ist nach wie vor zu eng, außerdem lassen wir uns ungern vollspritzen. Anstatt den Gegenverkehr durchzulassen, nutzt sie die erste breitere Stelle sofort zum Überholen - nur um dann zehn Meter vor mir stehenzubleiben für eine Ansage. Da wir ihre bestimmt klug gewählten Worte auf Tschechisch leider nicht verstehen, fahren wir einfach an ihr vorbei. So sehen wir, dass die Frau nicht alleine unterwegs ist, sondern noch ein Kind im Auto hat. Das erklärt natürlich den liebevollen Tonfall und ihr vorbildliches Verhalten im Straßenverkehr!
Gleich nach der einspurigen Brücke aufs Festland prescht sie laut schreiend und fuchtelnd an uns vorbei, danach muss sie an einer Straßenbaustelle warten. Dave und ich nehmen die Abkürzung durch die Tankstelle und sind somit schon wieder vor ihr. Allerdings auf einer mehrspurigen Hauptstraße am Fluss entlang, wir atmen auf: Das Problem sollte gelöst sein. Denkste!
Anstatt uns nun wie alle anderen zu überholen, fährt die blöde Kuh in unserem Tempo neben uns her, schimpft aus dem Beifahrerfenster weiter auf uns ein und filmt uns mit ihrem Handy - ohne Rücksicht auf Fahrspurmarkierungen, den fließenden Verkehr um uns herum oder den immensen Zeitdruck, den sie vorhin noch verspürte. Weil sie mit ihren Schlangenlinien ganze zwei Spuren blockiert, wird das Gehupe hinter ihr immer vielstimmiger und vehementer, bis sie endlich Gas gibt und abschwirrt. Was war das denn?
Mit Matschbirne und knurrendem Magen fällen wir grundsätzlich nie gute Entscheidungen, wenn es um die Auswahl von Nahrungsquellen geht. So landen wir wenige Meter weiter in einem extrem überteuerten italienischen Feinkostladen. Aber dieser sprechende, pfeifende und singende Papagei entschädigt uns mit seiner Interpretation des Toreroliedes aus der Oper Carmen für die letzte Viertelstunde Irrsinn.Später probieren wir noch die öffentlichen Verkehrsmittel von der Insel bis in die Altstadt aus, gehen in einem Supermarkt für normale Leute einkaufen und beobachten Touristen.
Natürlich bleiben wir auch heute nicht ganz vom Regen verschont, dafür haben wir aber einen schönen Regenbogen, als wir mit der Fähre zurück zum Campingplatz fahren.
Pfingstmontag, 9. Juni
Juchu!! Heute ist der erste regenfreie Tag seit... keine Ahnung wann, aber immer noch zu kalt ohne Jacke. Dave und ich sind für eine "free walking tour" angemeldet, eine geführte Wanderung durch die Prager Altstadt.
Per Fußgängerfähre setzen wir wieder aufs Ostufer über.
Treffpunkt ist am Altstadtplatz. Wir erfahren so einige Details zu den Gebäuden und Denkmälern, die wir neulich schon selber entdeckt haben. Das Ungetüm aus Stein und Bronze im Hintergrund ist das Denkmal für den böhmischen Reformator und Märtyrer Jan Hus, der über einem Scheiterhaufen steht und zum ehemaligen Haupttempel der Hussiten blickt, der heutigen Kirche der Jungfrau Maria vor dem Teyn (Foto unten).Der Giebelschmuck mit dem goldenen Kelch ist ein Zeichen der Versöhnung zwischen den Katholiken und den Hussiten, in deren Besitz die Kirche vorübergehend war.
Menschenmassen vor der astronomischen Uhr. Paul, unser Stadtführer, rät uns in die entgegengesetzte Richtung zu schauen und die Gesichter der Leute zu beobachten, wenn sie feststellen, wie langweilig das Figurenspiel zur vollen Stunde ist.
Auf der anderen Seite des Rathausturms weist er uns auf die Überreste des einzigen Gebäudes hin, das während des Zweiten Weltkrieges zerstört wurde. Das ist uns neulich gar nicht aufgefallen - und so scheint es den meisten Touristen zu gehen, die daran vorbeipilgern:Auf dem Boden davor ist eine Markierung im Pflaster, wo am 21. Juni 1621 eine öffentliche Hinrichtung böhmischer Ständeanführer gegen die Habsburger stattgefunden hat.
Ständetheater von 1783, in dem sowohl die Oper Don Giovanni als auch La Clemenza di Tito uraufgeführt wurden - und zwar von Wolfgang Amedeus Mozart höchstpersönlich.
Pulverturm. Es gäbe noch jede Menge zu entdecken, erfahren und auszuprobieren in dieser Stadt, aber langsam zieht es uns weiter. Irgendwann werden wir bestimmt wieder herkommen!
Dienstag, 10. Juni
Zunächst folgen wir der Moldau, dann geht es auf der Route Nr. 3 weiter, dem Fernradweg Prag-Regensburg. Was für eine schöne Tour, und natürlich wieder durchgehend beschildert!
Flussüberquerung.Mohnfeld.
Und Heu, mein persönliches Highlight. Nicht nur, weil ich den Geruch liebe, sondern vor allem, weil ich daraus auf ein paar Tage Sonnenschein schließe. Dass wir das noch erleben dürfen!
Kurz vor Těně biegen wir ab auf einen Waldweg und machen an dem Brotzeitbankerl unter dieser Eiche Rast, bevor wir im Sonnenuntergang unser Zelt aufbauen. Es kommen ein paar Radler, Spaziergänger und ein Auto vorbei, aber niemand stört sich an unserem Nachtlager.Wäre interessant zu wissen, woran der Gedenkbaum erinnert. Dank seinem mächtigen Stamm sieht man unser Zelt von der Straße aus fast nicht.
Memorial tree
Gefahrene Strecke: 72,88 km
Anstieg: 546 m
Durchschnitt: 15,23 km/h
Nachtlager: an einem Waldweg bei Těně
Mittwoch, 11. Juni
Unser wetterfühliger Kochlöffel meldet: Sonne satt!Wieder radeln wir durch eine schöne, grüne Landschaft, hauptsächlich durch Felder, Wälder und kleine Dörfer. An dieser historischen Mühle bei Dobřív legen wir eine kurze Pinkelpause ein. Der Badesee nebenan wäre gerade sehr verlockend, aber Dave hat erst einmal andere Prioritäten.
Seine Hinterradbremse funktioniert nicht mehr. Er baut sie komplett auseinander und findet eine total verbogene Metallfeder, die er auswechselt.
Während ich warte, bemerke ich den eigenartigen Schatten, den meine Brille wirft. Bei einem kurz- und einem weitsichtigen Auge irgendwie logisch, aber das ist mir noch nie aufgefallen.
Erster Blick auf Pilsen.
Am Ortseingang könnten wir gleich mehrere weltbekannte Brauereien besichtigen, aber das würde wahrscheinlich unsere Weiterfahrt gefährden!
Eines der Firmengelände ist mit überdimensionalen Kopien der historischen Flaschenetiketten eingerahmt, die es auf Deutsch, Englisch und Tschechisch gab.
Stadtplatz von Pilsen.
Hier teilen wir uns ein "richtiges" Pilsner Urquell und ein alkoholfreies Radler.
Weiter geht's!
Dieser Aussichtsturm bei Zemětice schaut historisch aus, ist aber erst ein paar Jahre alt. Ein paar befreundete Männer aus dem Dorf haben ihn 2015 selber gebaut, als kleine Attraktion und um Gästen die Geschichte der Region näherzubringen.
Eine kleine Schlange beim Abendspaziergang.
Unter dem Turm befindet sich ein kleines Verlies, das den makaberen Humor der Erbauer verrät.Im oberen Stockwerk ist eine Fotoausstellung, außenrum führt ein Aussichtsbalkon, von dem aus wir die Landschaft ringsum bewundern...
... und den Sonnenuntergang beobachten.
Gefahrene Strecke: 80,4 km
Anstieg: 554 m
Durchschnitt: 15,7 km/h
Nachtlager: Wiese unterm Aussichtsturm bei Zemětice-Merklín u Přeštic
Donnerstag, 12. Juni
In der Früh lassen wir es gemütlich angehen. Vor allem die Vogelnestschaukel hat es uns angetan!Die wollte ich schon in der Slowakei fotografieren, aber da waren sie immer an einem steilen Hang entlang: Tassen in allen Formen und Farben, die in ländlichen Gebieten auf den Gartenzäunen stecken. Soll Glück und Wohlstand bringen, soweit wir das verstanden haben. Und sieht irgendwie auch witzig aus.
Mittagspause in Domažlice. Der langgestreckte Marktplatz ist denkmalgeschützt.
Von dem ungewöhnlichen und schiefen Kirchturm aus könnten wir an so einem klaren Tag bis nach Cham schauen, wenn wir noch Lust auf Treppensteigen hätten. Oder wir radeln einfach hin...
Spinnt jetzt unser Navi, oder was?
Der Bayrische Wald "von hinten": An den vielen Antennen auf den Bergen erkennt man schon, dass die Grenze nicht mehr weit sein kann. Ansonsten schaut es hier genauso aus wie daheim.
Das Mahnmal neben dem Radlweg zeigt den Eisernen Vorhang, der sich in der Mitte öffnet.
Schon wieder so ein unspektakulärer Grenzübergang ohne Schikane, so lieben wir das!
So schnell hatten wir voriges Jahr gar nicht vor, wieder in Deutschland zu sein. Aber wir bereuen unsere unverhoffte Europareise kein bisschen. Im Gegenteil: Wir können gar nicht genug schätzen, was wir hier für einen Luxus haben - saubere Umgebung, Frieden, Wohlstand, funktionierende Infrastruktur. Sollte man sich vielleicht öfter mal vor Augen führen.
Zeltkonzert mit Blick auf den Chamb zur Feier des Tages. Immerhin können wir uns hier wieder barrierefrei verständigen, also theoretisch. Praktisch wird es wohl noch eine Weile dauern, bis wir uns abgewöhnt haben, jede Unterhaltung mit "Do you speak English?" einzuleiten...
Kurz vor Sonnenuntergang machen wir einen kleinen Spaziergang zum Drachensee.
Dann geht es eine Zeit lang auf einer ehemaligen Bahntrasse entlang.
Bei Straubing überqueren wir die Donau auf knapp 320 Metern Höhe und schicken schöne Grüße nach Rumänien.
Auf dem Zeltplatz des Kanuvereins treffen wir auf sieben (!!) andere Fahrradtouristen. Klar, dass Dave irgendwann sein Werkzeug neben einem fremden Zelt ausbreitet...
Abendstimmung an der Donau. Das Ehepaar aus Baden-Württemberg, das eine Flasche edlen Whiskey auf dem Radl mitschleppt, lädt uns zu einer kleinen Verkostung ein. Aber die Mücken sind so lästig, dass wir uns bald ins Zelt verziehen.
Gefahrene Strecke: 60,41 km
Anstieg: 559 m
Durchschnitt: 15 km/h
Nachtlager: Campingplatz in Furth im Wald
Freitag, 13. Juni
Ab Furth im Wald folgen wir erst dem Chamb talwärts, danach dem Regen. Der Regentalradweg bei Chamerau kommt uns sehr bekannt vor, denn hier haben wir vor zwei Jahren unsere Fahrräder getestet. Dann geht es eine Zeit lang auf einer ehemaligen Bahntrasse entlang.
Bei Straubing überqueren wir die Donau auf knapp 320 Metern Höhe und schicken schöne Grüße nach Rumänien.
Auf dem Zeltplatz des Kanuvereins treffen wir auf sieben (!!) andere Fahrradtouristen. Klar, dass Dave irgendwann sein Werkzeug neben einem fremden Zelt ausbreitet...
Abendstimmung an der Donau. Das Ehepaar aus Baden-Württemberg, das eine Flasche edlen Whiskey auf dem Radl mitschleppt, lädt uns zu einer kleinen Verkostung ein. Aber die Mücken sind so lästig, dass wir uns bald ins Zelt verziehen.
Gefahrene Strecke: 73,29 km
Anstieg: 300 m
Höchste Stelle an der Donau: 311 m
Durchschnitt: 18,45 km/h
Nachtlager: Campingplatz in Straubing
Samstag, 14. Juni
Die Fahrt durch den Gäuboden verläuft eher unspektakulär, und dann kennen wir uns plötzlich wieder aus:
Keine zwei Minuten halten wir unser Eis in der Landshuter Altstadt in der Hand, bevor uns erst meine Bekannten Maria und Katharina in die Arme laufen, und gleich danach eine Kundschaft von Dave bei → Zweirad Holbl, die uns an den Rädern erkennen.Nach diesem obligatorischen Zwischenstopp in unserer Lieblingsstadt ist es nicht mehr weit bis zur letzten Station unserer Reise: Bei einem gemütlichen Grillabend in Toms und Monikas wunderschönem Garten in Kumhausen, mit Gesprächen, die sich einmal nicht ums Fahrradfahren drehen, realisieren wir langsam, dass wir morgen daheim ankommen.
Gefahrene Strecke: 67,62 km
Anstieg: 311 m
Höchstgeschwindigkeit: 53,78 km/h
Durchschnitt: 16,76 km/h
Nachtlager: bei Freunden in Kumhausen
Sonntag, 15. Juni
Wir frühstücken ausgiebig und radeln dann gemütlich heimwärts. Die Strecke ist zwar kurz, aber in der Hitze ganz schön knackig, doch das macht uns heute nichts aus: Nach 407 Tagen rollen wir in aller Stille in den Hof meiner Familie, pünktlich zum sonntagnachmittäglichen Kaffee und Kuchen. So viel Ordnung muss sein!
Gefahrene Strecke: 23,9 km
Anstieg: 278 m
Durchschnitt: 14,89 km/h
Durchschnittstemperatur: 35 Grad!!
Gefahrene Strecke insgesamt: 8132 km
Nachtlager: bei meiner Familie daheim
Neueste Erkenntnisse: Es ist total verwirrend, wenn Städte oder Flüsse auf Deutsch anders heißen als in der Landessprache. Böhmen (Westen) und Mähren (Osten) sind nicht nur historische Begriffe, sondern auch heute noch die Hauptbestandteile Tschechiens. Europa taugt uns rundherum zum Radlfahren, aber jetzt sind wir neugierig auf eine ganz andere Kultur!
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