Dass wir auf so einer langen Reise nicht komplett aufs Musizieren verzichten wollen, war schon bei der Planung für die erste Fahrradtour 2013 klar. Doch die Auswahl der Instrumente zog sich bis kurz vor der Abreise: Womit kann man alleine, aber auch in einer Gruppe spielen? Worauf lässt sich eine schöne Bandbreite an Musikrichtungen üben? Was verträgt all die Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen, den Staub und den einen oder anderen Rempler? Wie groß und schwer darf es sein? Wie und wo transportieren wir es?
Letztendlich sind wir mit Sitar, Mandoline, Didgeridoo und Mundharmonika losgefahren. Nach zwei Monaten haben wir uns von letzteren beiden getrennt, dafür habe ich mir in San Francisco eine Melodika gekauft. Die Mandoline hat es bis Guatemala geschafft, aber dann ist in der Hitze der Leim auseinandergegangen. Kurz darauf hat sich Dave in eine Charango verliebt...
Dave und ich an einem wunderbaren Abend im November 2013, irgendwo in Kalifornien am Strand. |
So ähnlich stellen wir uns das auch für die nächste Tour vor. Meine Melodika darf also wieder mit, aber Dave möchte seiner geliebten Sitar nicht nochmal so eine Strapaze zumuten, und aufs Gitarre spielen will er auch nicht wieder soo lange verzichten. Deswegen hat er sich seit Anfang Oktober in seiner Werkstatt verschanzt:
Über das vergangene Jahr hinweg hat er ein Saiteninstrument entworfen, auf dem er sowohl "normale" als auch bundlose und Slide-Gitarre sowie Sitar spielen kann.
Die drei Bretter auf der Hobelbank werden einmal die drei Hälse, die er nach Lust und Laune austauschen kann.
Noch kann man den Hals auseinandernehmen und erkennen, was später alles unter dem Griffbrett versteckt sein wird: Zwei Carbon-Stangen sorgen für Stabilität, die beiden Aluschienen gehören zum Stimmen.
Und die drei Hälse nochmal nebeneinander, mit den jeweiligen Griffbrettern dazu: in der Mitte die Sitar, links und rechts die normale und die bundlose Gitarre (im Moment gibt's da noch keinen Unterschied).
Mitte Dezember:
Während ich alleine draußen im Schnee spiele...... geht die Arbeit im Keller gut voran: Wenn man die zwei Saitenhalter und drei Hälse auf die Zeichnung legt, kann man sich schon was drunter vorstellen.
Anfang Januar:
Jetzt ist der Korpus an der Reihe: Nachdem sich diese alte Gitarre noch selbst ein Abschiedslied spielen durfte, werden ihr fein säuberlich Saiten und Hals amputiert, der Steg flachgefeilt (deshalb der Schutz aus Klebeband)...
... und der Korpus innen verstärkt. Beim Leimen darf ich sogar assistieren, weil ich bis zum Ellbogen in das Loch passe!
Ende Januar:
In diesen 25 Kleinteilen steckt über eine Woche Arbeit: die Sitarbünde.
Der erste wird gleich mal an den Sitarhals geschraubt, obwohl er noch nicht ganz fertig ist. Jetzt sieht man auch, wie man die Bünde entlang der Aluschienen verschieben und die Sitar dadurch stimmen kann.
Die Einzelteile für die Sitar...... und dazu noch die beiden anderen Hälse, die vorige Woche fertig geworden sind. Anfang Februar fliegt Dave nach Kanada, um sich von seiner Familie zu verabschieden. Ich bin neugierig, ob er dort dazu kommt, einige noch ausstehende Arbeiten zu erledigen.
Mitte März:
Der Sitarhals wird unter den Bünden ausgehöhlt, viiiieele kleine Löcher gebohrt...
... und die Wirbel der Resonanzsaiten kommen an den Seitenarm.Mit stabilen Bindfäden probiert Dave aus, ob die Saiten überhaupt Platz haben und an den richtigen Stellen verlaufen.
Jetzt fühlt es sich schon fast fertig an. Schwer ist das Teil, Mannomann!
April:
Seit unserem Auszug wohnen wir übergangsweise bei meinen Eltern. Dort baut sich Dave direkt neben dem Bett (sprich: unseren Camping-Matten) seine Werkstatt wieder auf, um den Woiperdinger fertig zu bekommen.
Nach etlichem Ölen, Trocknen lassen, Schleifen, Ölen, Trocknen lassen, Schleifen........ werden irgendwann endlich die richtigen Saiten aufgezogen.
Die erste Klangprobe gibt's am 26. April bei meinen Eltern im Esszimmer. Es klingt so schön, dass ich vor lauter Dahinschmelzen das Fotografieren vergesse, aber Papa hat seinen Fotoapparat griffbereit:
Der schlimmste Rückschlag in der ganzen Zeit ist der Cellokoffer, der Mitte April geliefert wird: Am Hals ist er 2 Zentimeter zu schmal. Dave ist am Boden zerstört und versucht sich mit dem Gedanken abzufinden, den Woiperdinger hier einzulagern und erst nach unserer Rückkehr spielen zu können.
Doch da kommt Bewegung in meine Familie: Es wird recherchiert und überlegt, wie und womit man selber einen Instrumentenkoffer bauen könnte - und zwar schnell. Bei einem Holzhändler erstehen wir zunächst Kompaktplatten, entscheiden uns dann aber um für Siebdruckplatten, weil die nur halb so viel wiegen. Bei unseren Nachbarn dürfen wir die Formatkreissäge benutzen (unsere ist ja schon verkauft!), Mama leiht uns zigmal ihr Auto (unseres ist ja schon verkauft!) für Besorgungsfahrten zu den Baumärkten rundrum, Papa räumt eine Ecke in seiner Holzwerkstatt frei (unsere ist ja schon weitervermietet!) für die staubigen Arbeiten und hat auch sonst eine Idee nach der anderen.
Es entsteht ein Koffer mit Deckel, der frei stehen kann und nicht nur den Woiperdinger, sondern auch alle Zubehörteile beheimaten wird.
Dann der Innenausbau:
Styrodur in seiner schönsten Form...
1. Mai: